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Generation unmöglich – wie man richtig kommuniziert

Hiermit melde mich nach ein paar Tagen Arbeitswahnsinn wieder zurück. Die letzten zwei Wochen waren voll mit Stress und einer lehrreichen persönlichen Erfahrung, die ich gerne mal in die Diskussion schmeißen möchte.

Ich wurde letztens zu einem persönlichen (Vorstellungs-)Gespräch in einer Werbeagentur eingeladen. Bei diesem ersten Treffen ging es zunächst nur darum sich kennenzulernen sowie mich und meine Arbeit vorzustellen. Ich mag es, wenn ich für ein solches Kennenlern-Interview auf persönlicher Ebene eingeladen werde und mich nicht mühsam bewerben muss. Das macht vieles oft leichter. Das Gespräch verlief wirklich gut und ich hätte mir daher auch durchaus vorstellen können für diese Agentur zu arbeiten. Am Ende des Interviews gab es noch eine Probeaufgabe für mich, naja eigentlich waren es drei. Solche Probeaufgaben eignen sich grundsätzlich sehr gut, um herausstellen was derjenige kann und wo er leistungstechnisch steht. In der Medienbranche ist diese Art von Testballon nicht unüblich.

Gesagt getan, neben meinem normalen Arbeitspensum von meist 9-11 Stunden am Tag, habe ich mich umgehend meinen Testaufgaben gewidmet und bis in die Nächte daran gesessen. Nach ca. einer Woche schickte ich meine Lösungsvorschläge zurück und bekam prompt eine Antwort, die sich gewaschen hatte – Zu wenig Kreation, nicht richtig umgesetzt und sowieso völlig falscher Fokus. Ich bin aus allen Wolken gefallen und habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich arbeite ja schon einige Jahre in meinem Beruf und war mir, insbesondere nach mehreren professionellen Meinungen aus dem gleichen Business, ziemlich siegessicher und konnte nicht verstehen, warum die Person auf der anderen Seite das nicht genauso sieht wie ich!

Dass die Generation nach mir irgendwie anders ist, habe ich ja schon öfter gehört. Ichbezogen, gleichgültig und ein bisschen großkotzig! „Arbeiten? Nein, ich muss mich kurz um mich selbst kümmern.“ „Warte, ich mach noch kurz ein Selfie, dann kann es losgehen.“ „Du hast ein Problem? Dann frag bitte jemand anderen, ich hab da jetzt keine Lust drauf.“ Das Thema Kommunikation ist für so viele ein Fremdwort. Interesse am Anderen haben, sich mit jemanden auszutauschen, dem Anderen zuhören und dazu auch noch adäquat antworten – das beherrschen nur noch wenige, hab ich das Gefühl. Ich hasse es, wenn Leute keine vernünftige Kritik üben können und sich dazu auch noch null selbst reflektieren. Aber dafür schöpfen sie schön aus dem Vollem und schießen aus allen Rohren Bull**** gegen den Anderen! Das Ergebnis kann grundsätzlich immer nur so gut sein, wie die Aufgabenstellung bzw. das Briefing – wie wir in unserem Metier sagen würden. Es ist echt ätzend, dass es in der Kreativbranche so viele Leute gibt, die denken, sie wären was Besseres und damit dann auch noch falsch liegen.

Generation_unmoeglich_1Naja zurück zu meiner Geschichte. Obwohl das Briefing, was in unserer Branche das „A“ und „O“ für eine professionelle Arbeit ist, für den Allerwertesten war (keine konkreten Aussagen, nicht detailliert genug, fehlende Infos zu Zielgruppe und Stimmungen etc.), habe ich dennoch eine konstruktive und diplomatische Mail auf diese bescheuerte Rückmeldung verfasst. Hier habe ich versucht zu klären, warum die Kommunikation anscheinend so krass nach hinten losgegangen ist.

Eine Stunde später kam auch direkt ihre Antwort: „Da ich die Aufgaben jetzt nicht nochmal „in besser“ bekommen habe und Du Dir nicht nochmal das Wochenende ans Bein gebunden hast, muss ich Dir leider eine Absage erteilen.“ Unglaublich unverschämt, wenn Du mich fragst. Eine unmögliche und mega unprofessionelle Antwort! Sie ist auf keine einzige Frage von mir eingegangen und hat sich zu nichts geäußert. Dafür gab eine phänomenale Schuldzuweisung, was viele Menschen ja nur allzu gerne tun, um von ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken.

Wie man richtig Kritik übt und dem Anderen dabei auf Augenhöhe begegnet ist alles andere als einfach. Ich möchte Dir daher ein paar wertvolle Tipps geben, welche mir in den Jahren sehr geholfen haben.

Wenn Kritik, dann richtig
Kritik an etwas zu üben ist völlig normal und wenn man es richtig anstellt, lernen alle Beteiligten auch noch was daraus. Mir wurde beigebracht Kritik zu üben, indem man immer mit dem Positiven beginnt. Ein Dankeschön oder eine Geste der Wertschätzung ist hier auch sehr gern gesehen. Dann kommt die Kritik – bitte ohne Vorschlaghammer und am besten die Sätze immer mit einem ich beginnen. Lass den Zeigfinger in der Hosentasche, den kann niemand gebrauchen. Am Ende gibt man eine kurze Zusammenfassung, welche die Kurve im besten Fall wieder hochzieht.

Sprich aus Deiner Perspektive
Vermeide das klassische „Du hast“ sondern sag oder schreib lieber „ich glaube, dass…“ oder „mein Gefühl ist, dass…“ Beziehe dabei auch gern das Team mit ein und gib dem zu Kritisierenden das Gefühl, dass auch andere Probleme mit bestimmten Dingen haben und er nicht allein ist.

Zuhören
Das A und O bei einer Kommunikation – höre zu bzw. lese zwischen den Zeilen, wenn du kannst. Oder wie in meinem Fall – lese überhaupt, was der andere schreibt, er hat sich bestimmt was dabei gedacht!

Nimm den Zeigefinger runter, verdammt!
Schuldzuweisungen bringen gar nichts und sind null lösungsorientiert. Lege den Fokus lieber auf das eigentliche Problem und versuche dieses zu lösen. Hier hilft es einen imaginären Schritt zurück zu machen und das Problem unemotional von außen zu betrachten. Das nicht einfach – keine Frage!

Sei lieber still …
… wenn du von etwas keine Ahnung hast, informiere Dich lieber bevor Du jemandem ein Feedback gibst, dass schlichtweg falsch ist! Alles andere ist leider einfach nur peinlich!

Der Schriftsteller Michael Nast hat sich im Detail mit den Thema beschäftigt und das Buch „Generation beziehungsunfähig“ geschrieben. Für alle, die das Thema spannend finden, schaut mal rein. Für mich war das eine sehr interessante Erfahrung, auf die ich eigentlich echt gern hätte verzichten können! Hast Du sowas auch schon mal erlebt? Eine Situation wo jemand völlig an Dir vorbeigeredet oder mit dem Finger auf Dich gezeigt hat, obwohl es total unbegründet und haltlos war. Ich freue auf Deine Meinung und Erfahrungen, da mich die beschriebene Situation alles andere als erfreut hat.

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4 Comments

  • Reply Jasmin 9. April 2016 at 1:05

    Ich habe leider inzwischen auch schon erfahren, dass „Kritik“ leider in letzter Zeit allgemein immer als negative Bewertung verstanden wird- und folglich hat auch die konstruktive Kritik an Wert verloren.
    Ich habe Kritik im Studium (ich bin Pädagogin) auch als das gelernt, wie du es oben beschreibst, wertschätzend, ich Perspektive, positiv formulierte Veränderungsmöglichkeit, nochmaliges hervorheben der Vorraussetzung zur Veränderung im positiven…
    Manchmal kommt es mir so vor, dass seit das Wort Feedback sich etabliert hat Kritik durch und durch zu „kritisieren“ in negativster Form mutiert ist- und so gehen viele auch vor und meinen Kritik zu üben bedeutet die negativen Seiten vorzukehren. Schade eigentlich.
    Liebe grüße

    • Reply Sarah 14. April 2016 at 12:11

      Liebe Jasmin, vielen Dank für Deine tolle Rückmeldung. Ja, das Wort Feedback ist in der Tat in vielen Bereichen echt zum Dauerloop geworden. Furchtbar! Ich hoffe sehr, dass Du in Deinem Job das Thema Kritik noch im ursprünglichen Sinne weitergeben und lehren kannst. Alles Liebe für Dich!

  • Reply Hella 19. April 2016 at 11:31

    Oh man. Solche Leute habe ich ja gerne. Aber es ist mittlerweile glaube ich schon fast Standart, dass man keine ordentliche Aufgabenstellungen mehr bekommt. „Mach mal!“ und dann ist komischerweise alles anders und „falsch“ was zurückkommt. …. Schöner Artikel. Muss ich mich gleich noch einwenig auf deinem Blog umschauen!

    Liebe Grüße
    Hella von http://www.advance-your-style.de

  • Reply Linda 10. Mai 2016 at 12:10

    Oh man, ich habe schon Nächte mit Bewerbungsaufgaben verbracht und selbst auf mehrfache Nachfrage gar keine Rückmeldung bekommen. Ich glaube professionelles arbeiten ist auch einfach durch die schnelllebige Online Welt immer seltener geworden. Bei der E-mail Flut die man so bekommt ist es eigentlich kein Wunder, dass man die ein oder andere mal verschläft zu antworten und inhaltlich wird oft die Hälfte vergessen, ist ja auch theoretisch auch schnell was nachgefragt und nachgeschoben…

    Muss man wohl drüber stehen und es selber besser machen. 😉 Über Sinn und Unsinn in Bewerbungsverfahren fange ich jetzt besser gar nicht erst an … 😉

    Liebe Grüße
    Linda

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